Beispiele zu Ambidextrie in der Verwaltung


Das Agility Lab an der Uni Stuttgart

Das Projekt des “Agility Lab” (kurz: AL) zielt darauf ab, die Arbeitsweise in der Hochschulverwaltung durch agile Methoden zu verbessern. Hierfür wurde ein einzelner Pilotbereich geschaffen, der bewusst von der übrigen Verwaltung abgetrennt ist, um routinierte Abläufe nicht zu gefährden. Dieser Bereich bietet Raum für agiles Arbeiten und erlaubt es, neue Methoden zu erproben und bei Erfolg in die jeweiligen Fachabteilungen zu integrieren.

Zentrale Aufgaben und Ziele

Im Fokus des Projekts stehen mehrere Aufgabenbereiche:

  • Einsatz von agilen Arbeitsformen: Die Einführung und Anwendung agiler Methoden im Arbeitsalltag.
  • Initiierung von cross-funktionaler Vernetzung: Förderung der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Fachabteilungen.
  • Förderung eines agilen Mindsets: Schaffung einer Kultur der Wissensteilung und Transparenz.

Funktionsweise

Das AL ist organisatorisch in die zentrale Verwaltung eingebunden, wird aber von einem wissenschaftlichen Institut geführt. Diese duale Struktur ermöglicht es, dass das AL genug Freiraum zum Experimentieren hat, ohne die laufenden und stabilisierenden Verwaltungsprozesse zu stören. Das Konzept der strukturellen Ambidextrie wird genutzt, um eine Balance zwischen den traditionellen und den neuen agilen Arbeitsformen zu finden.

Mitarbeitende des AL arbeiten in Pilotbereichen an der Einführung agiler Methoden und nutzen agile Raumkonzepte sowie digitale Werkzeuge, um die Arbeitsprozesse flexibler und kooperativer zu gestalten. Zusätzlich fördert das AL durch ein Mentoring-Programm die Ausbildung von "agilen Botschaftern", die das Wissen über agile Praktiken weiterverbreiten.

Erste Erfolge und Ausblick

Bereits im bisherigen Verlauf des Projekts konnten erste Erfolge verzeichnet werden. Einzelne Prozesse wurden verbessert und eine Community aufgebaut. Diese Community unterstützt andere Teams dabei, die notwendigen Netzwerke für die Verbreitung agiler Arbeitsformen in der Organisation zu schaffen.

Zukünftig soll das AL weiterhin als Brücke zwischen den Verwaltungseinheiten und den wissenschaftlichen Instituten der Universität fungieren, um eine agile Kultur zu etablieren und kontinuierlich zu verbessern. Die Erkenntnisse und Erfolge aus den Pilotprojekten sollen genutzt werden, um die gesamte Hochschulverwaltung effizienter zu gestalten.

Dr. Martin Rost, Wissenschaftsmanager im Agility Lab der Universität Stuttgart, teilt mit uns sein bisher wichtigstes Learning:

„Meine größte Erkenntnis ist eigentlich, dass agile Frameworks zumindest für die erste Phase der Einführung von agilen Arbeitsweisen von den Mitarbeitenden in der Verwaltung teilweise als zu umfangreich und zu zeitaufwendig angesehen werden, um sie in den Arbeitsalltag zu integrieren. Zudem fehlen teilweise bestimmte Voraussetzungen für die Einführung von agilen Frameworks, wie beispielsweise die intensive Zusammenarbeit im Team an einem Projekt oder einer Aufgabe. Aber man kann Abteilungen und Teams beispielsweise über die Einführung von Regeln für Meetings (z. B. Timeboxing, ELMO-Karten) oder das Einführen von Retrospektiven an agile Arbeitsweisen gewöhnen.“


Fallstudie Bundeswehr: i3 in der Einsatzflottille 1

Ziele und Aufgaben

Das zentrale Ziel des i3-Projekts (Information, Interaktion und Innovation) innerhalb der Bundeswehr ist die Förderung von Interaktion und Vernetzung, um Wissen und Informationen zu teilen und Innovationen zu ermöglichen. Das 2019 gegründete Projekt zielt darauf ab, die Kommunikations- und Vernetzungsstrukturen in der Einsatzflottille 1 zu verbessern und bestehende Probleme eigeninitiativ zu lösen

Funktionsweise

Das i3-Projekt nutzt sowohl etablierte Strukturen und Prozesse der Bundeswehr als auch agile Methoden, die typischerweise im Start-up-Umgebungen angewendet werden. Zu den eingesetzten Methoden gehören Ad-hoc-Meetings, Design Thinking Workshops, Lego Serious Play, Scrum und Fast Prototyping. Diese Methoden sollen eine Brücke zwischen der formal-hierarchischen Logik der Bundeswehr (Exploitation) und der explorativen Logik von Start-ups (Exploration) schlagen

Erste Erfolge

Bisher konnte das i3-Projekt mehrere Pilotprojekte und Konzepte initiieren und umsetzen. Dazu gehören:

  1. Ein Pilotprojekt zur IT-Unterstützung der Materialerhaltung
  2. Ein Konzept zum Bürokratieabbau
  3. Der erste Entwurf einer IT-Plattform zur Förderung von Interaktion und Kommunikation

Diese Ergebnisse zeigen, dass das i3-Projekt erfolgreich erste Schritte zur Integration von Innovationsmethoden in die Bundeswehr unternommen hat. Die duale Anwendung von stabilen Bundeswehr- und dynamischen Start-up-Logiken in einem adaptiven Raum hat erste positive Auswirkungen gezeigt, indem die strikten, hierarchischen Strukturen der Bundeswehr durch selbstorganisierte Ansätze ergänzt wurden.

Zusammengefasst stellt das i3-Projekt einen bedeutenden Schritt in Richtung institutioneller Ambidextrie dar, indem es die widersprüchlichen Logiken von Exploration und Exploitation in einem neuen sozialen Kontext vereint und durch innovative Methoden erste Erfolge erzielt hat.



Quellen:

Andresen, F., & Schulte, B. (2022). Institutionelle Ambidextrie in der Bundeswehr: Die Navigation zwischen formaler Hierarchie und agiler Start-up Logik am Beispiel der Einsatzflottille 1. In R. Kraus et al. (Hrsg.), Intrapreneurship (S. 263-275). Springer-Verlag GmbH, DE. https://doi.org/10.1007/978-3-662-64102-6_16

Rost, Brem, „Ambidextre Projektstrukturen für eine agile Hochschulverwaltung”, 2023, https://www.wissenschaftsmanagement.de/news/ambidextre-projektstrukturen-fuer-eine-agile-hochschulverwaltung

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